Data Story – Definition und Beispiel

“Numbers have an important story to tell. They rely on you to give them a clear and convincing voice.” – Stephen Few

Was ist Data Story?

Stephen Few – Experte für Datenvisualisierung, sagte zum Thema Daten: „Zahlen haben eine wichtige Geschichte zu erzählen. Sie verlassen sich darauf, dass Sie ihnen eine klare und überzeugende Stimme geben.“ 

Jede Erkenntnis, die es Wert ist, mit anderen geteilt zu werden, lässt sich wahrscheinlich am besten in Form einer Datengeschichte zu erzählen. Der Begriff „Data Storytelling“ wird mit vielen Dingen in Verbindung gebracht – Datenvisualisierungen, Infografiken, Dashboards, Datenpräsentationen. Allzu oft wird Data Storytelling nur als effektive Visualisierung von Daten interpretiert, dabei ist es viel mehr als nur die Erstellung visuell ansprechender Datendiagramme. Data Storytelling ist ein strukturierter Ansatz für die Vermittlung von Dateneinblicken, der eine Kombination aus drei Schlüsselelementen beinhaltet: Daten, visuelle Darstellungen und Erzählungen. Es gibt einen große Unterschied, zwischen Dashboard und Data Story. Was ein Dashboard ist, habe ich bereits in meinem letzten Blogartikel gezeigt.

Eine gut erzählte Geschichte bleibt in Erinnerung. Denke an dein Lieblingsbuch oder -film – bestimmt kannst du dich noch an die Handlung erinnern und diese wiedergeben. Eine gute Geschichte erregt Aufmerksamkeit und nimmt dich mit auf ein Abenteuer und ruft unterschiedliche Emotionen in dir hervor.

Wie wäre es, wenn wir die gesamten Emotionen und Energie, die wir von einer Story bekommen, auf die User übertragen, die unsere Dashboards oder Präsentationen nutzen?

Data Story Struktur

Jeder kann eine Data Story erzählen, denn eine Geschichte hat eine bestimmte Struktur. Und seit jeher kommunizieren die Menschen mit Geschichten. Wir können dieses leistungsstarke Instrument auch für unsere Business-Kommunikation nutzen.

Es gibt unterschiedliche Methoden, die eine Struktur einer Story zeigen. Eine Methode wurde beispielsweise von einem deutschen Schriftsteller, Gustav Freytag definiert. In seinem Werk: Die Technik des Dramas, definiert er die folgende Pyramide, welche eine Struktur einer Geschichte zeigt:

Freytag fokussiert sich dabei auf das Drama. Deshalb ist im Schaubild die letzte Stufe als Unglück bzw. Katastrophe definiert. 

 

Laut dieser Pyramide existieren in einer Geschichte fünf Teile, die ich für mich wie folgt, interpretiere:

 

  • Exposition (Vorstellung der Charaktere und Handlung)
  • steigende Handlung (Leser erkennt den Hauptkonflikt des Stücks)
  • Höhepunkt/Peripetie (Der Höhepunkt des Konflikts)
  • retardierendes Moment (Der Protagonist schöpft noch einmal Hoffnung, nachdem er den Konflikt verloren hat)
  • Katastrophe (Die Hoffnung wird zerstört und das Stück endet in einer Katastrophe)

 

Es gibt aber weitere mögliche Strukturen einer Geschichte. Cole Nussbaumer Knaflic, die Autorin vom Buch Storytelling with Data, beschreibt in ihrem Blog zwei weiteren Methoden:

 

Eine davon ist der Handlungsbogen:

 

Ähnlich wie bei Freytag’s Pyramide ist der erste Schritt im Erzählbogen die Handlung/Plot: wo wir uns zu Beginn der Geschichte befinden. Die Spannung wird durch ein anregendes Ereignis eingeleitet. Diese Spannung baut sich in Form einer ansteigenden Handlung auf und erreicht ihren Höhepunkt in der Mitte der Geschichte – einem wichtigen Wendepunkt. Während der abfallenden Handlung entspannen sich die Dinge, ein Puffer, der uns zur Auflösung am Ende der Geschichte führt.

Die beiden Methoden sind allerdings zu sehr vereinfacht. Wie können wir diese sehr einfachen Darstellungen auf eine Data Story in einem Dashboard bzw. einer Präsentation übertragen? Diese Abstraktion gibt uns einen guten Eindruck auf einem höheren Level. Leider ist die Realität komplizierter und ebenso auch die Geschichten. In der Realität kann eine gute Geschichte mehrere “Höhepunkte” beinhalten, sowie mehrere steigende und sinkende Handlungen. Gerade wegen all diesen Höhen und Tiefen halten aber diese Geschichten unsere Aufmerksamkeit aufrecht, lassen uns miträtseln und bieten auf dem Weg dorthin Punkte der Zufriedenheit.

 

Die wirkliche Geschichte sieht also normalerweise eher wie ein zerklüfteter Berg aus:

Und bei der Erzählung einer Data Story reicht es vollkommen aus, sich auf einen Höhepunkt zu konzentrieren und nicht gleich auf alle einzugehen. 

Beispiel Data Story

Nun, wie können wir diese Struktur auf die Daten übertragen?

Ich habe mir dafür einen Datensatz ausgesucht, wo es um die Ratten in New York geht. Es handelt sich hierbei um die echten Datensätze, welche über den 311 Service in New York gesammelt wurden. Die Leute können per Anruf ihre Beschwerden einreichen. Bei jedem Anruf werden die Tickets eröffnet. Sobald die Ratten beseitigt sind, wird das Ticket geschlossen. Es gibt die Daten ab 2010 bis heute. Für unser Beispiel habe ich die Daten bis Ende August 2021 von der Website: XY gezogen.

Vorgehen: Erstellung Data Story

Nach der Datenanalyse habe ich herausgefunden, dass es in New York in dem Jahr 2021 einen deutlichen Anstieg an Beschwerden wegen Ratten gegeben hat. Der Anstieg war so hoch, wie nie zuvor. Diese Tatsache fand ich sehr spannend. Deshalb erstelle ich für dich ein Beispiel einer Data Story.  Zuerst habe ich einen Entwurf für die Story mithilfe von Sticky Notes erstellt. 

Ich habe es in Form von eines Bogens erstellt. Das ist das Vorgehen, was Cole Nussbaumer Knaflic vorschlägt:  

  • Handlung/Plot: Einführung
  • Ereignis: Aktueller Stand 2021
  • ansteigenden Handlung: Information zu den Raten
  • Höhepunkt: Vergleich 2021 vs. 2020
  • abfallenden Handlung: Gründe für den Anstieg
  • Auflösung: Empfehlungen

Die gesamte Data Story habe ich dann nach Tableau übertragen und dabei habe ich die Funktion Story benutzt. Das Ergebnis kannst du hier anschauen.

Und hier ist mein Fazit zur Data Story:


Fazit

Als Antwort auf diese Frage würde ich gerne Cole Nussbaumer Knaflic zitieren, der dies sehr gut zusammenfasst: ”Wir müssen vielleicht 100 Austern aufmachen, um zwei Perlen zu finden. Und bei Data Story geht es darum, diese zwei Perlen zu zeigen.”

Das bedeutet, dass bei der explorativen Analyse, man 100 unterschiedliche Hypothesen testet, 100 unterschiedlichen Diagrammen erstellt und auf die Daten auf unterschiedlichen Weise schauen muss, um etwas Interessantes zu finden. Hast du aber etwas Interessantes in der Daten gefunden, dann zeige NUR das und erzähle darüber eine Geschichte. Zeige bei deiner Präsentation nicht all die Austern, die du geschält hast, sondern präsentiere die glänzenden Perlen.

Hier sind paar Tipps zur erfolgreichen Erzählung einer Data Story

Fokus: 

  • Setzte einen klaren Fokus auf ein bestimmtes Ereignis bzw. Resultat (die Perle :-))

Beispiel: In meinem Beispiel mit den Ratten liegt der Fokus auf dem rasanten Anstieg an Beschwerden im Jahr 2021. Mit dem Vergleich gegenüber dem Jahr 2020 wollte ich den User diesen drastischen Anstieg in 2021 aufzeigen (Einen Anstieg kann man nur dann erkennen, wenn es auch einen Vergleichswert gibt).

Botschaft

  • Formuliere deine Botschaft so klar wie möglich
    • Versuche die Botschaft erstmal mündlich zu formulieren
    • … und dann fasse es schriftlich in 1 -2 Sätzen zusammen

Beispiel: Rapid Increase of Rats Sightings in NYC in 2021

Publikum

Die Botschaft soll nun zu deinem Publikum kommuniziert werden.

  • Denke an die Leute, denen du die Geschichte erzählen wirst. 
    • Sind das deine Kollegen, die problemlos den Kontext deiner Arbeit verstehen können oder sind es externe Leute, ohne fachlichen Hintergrund?
  • Finde so viele Informationen wie möglich über dein Publikum. Je besser du dein Publikum kennst, desto einfacher kannst du den Fokus setzen und deine Botschaft deinem Publikum kommunizieren.

Wörter

  • Titel, Anmerkungen, Kommentare oder Achsenbeschriftungen müssen vorhanden sein. Der User soll nicht raten müssen, was die Grafik beschreibt.
  • Platziere die Anmerkungen und Kommentare möglichst nah zu der Markierung, die sie beschreiben.
  • Formuliere Titel/Untertitel deutlich 
    • Ein Titel kann z.B. in Form einer Frage oder als Take Away formuliert werden
    • Verwende Untertitel, wenn es nötig ist. Erkläre in deinem Untertitel, was kann dein User erwarten, wenn er dein Dashboard anschaut.
  • Sei präzise bei deinen Formulierungen. Es soll keine Spielräume für Interpretationen geben. Dies kann zu falschen Interpretationen führen.
  • Diese Formulierungen müssen möglichst kurz und klar formuliert werden. Obwohl wir mit einer Data Story eine spannende Geschichte erzählen wollen, wollen wir am Ende trotzdem keine Romane schreiben.
  • Denke daran, dass bei einer Data Story der Fokus auf Explanatory Analysis liegt. Mit deinem Kontext auf der Präsentation oder Botschaft gehe ausführlich auf die Fragen Warum! Und erkläre das Geschehen.

Du als Präsentant

  • Wenn du die Story kuratierst, dann achte ebenso auf die Auswahl deiner Wörter. Verwende gleiche Begriffe, um die Betrachter nicht zu verwirren.
  • Erzähle deine Story so, dass der User versteht, warum es interessant ist und warum wir dieser Geschichte unsere Aufmerksamkeit schenken sollen?
  • Erkläre die Ereignisse (Kennzahlen, Trends, Unterschiede), die in deiner Präsentation/Arbeitsmappe vorkommen und denke darüber nach, wie du es machst. Denn es gibt einen großen Unterschied, wenn du persönlich deine Story vorstellst oder du einfach eine Präsentation (Arbeitsmappe) zur Verfügung stellst. Mit einer Erklärung verwandelst du die Zahlen auf deinem Dashboard (oder Präsentation) in etwas Greifbares, wo der User eine Vorstellung bekommt. Du transportierst Emotionen, du bringst mehr Kontext zu dem Inhalt und deine User können es besser verstehen und mitfühlen.
  • Recherchiere nach weiteren Fakten zur Geschichte, wenn es nötig ist! Investiere immer genug Zeit, um zu den Fakten weitere wichtige Informationen zu sammeln.
  • Beantworte die Was, und Wie Fragen
  • UND: Gehe auf die “Warum”-Frage ein. Die Menschen müssen das „Warum“ verstehen. Allzu oft beschreiben Designer das „Was“ oder “Wie”, gehen aber nie auf das „Warum“ ein. Zu wissen, warum eine Entscheidung getroffen wurde, bedeutet mehr als nur die Klärung eines Grundes für die Entscheidung.

Struktur einer Data Story

  • Eine Story hat eine bestimmte Struktur. Versuche dieser Struktur zu folgen: Vorstellung → steigende Handlung → Höhepunkt → sinkende Handlung → Auflösung.

Last but not Least

Zu guter Letzt möchte ich noch Folgendes ergänzen:

Vor einigen Zeit habe ich einen guten Rat gehört und das hat mich sehr geprägt. Und diesen Rat möchte ich dir auch geben:

Think like a journalist

Relate like a novelist

Express like an artist

Leider weiß ich nicht, wer der Autor dieser Zeilen ist. Aber sie bringen das Grundkonzept des Denkens bei der Erstellung einer Data Story auf den Punkt.

Think like a journalist – Denke, wie ein Journalist

Versuche so viele Fragen wie möglich zu den Daten zu stellen. Du musst den Kontext der Daten – The Big Picture – sehr gut verstehen, um DAS in die visuelle Sprache zu übersetzen, WAS die Daten dir sagen wollen. Recherchiere nach der Fakten und Tatsachen, wenn dir in der Daten etwas Interessantes auffällt. Und erzähle es mit einer präzisen Wortwahl deinen Usern.

Relate like a novelist – Handele, wie ein Schriftsteller

Ein Schriftsteller weiß genau, wie er seine Geschichte erzählen wird. Ein Schriftsteller, denkt über die Reihenfolge der Handlungen im Voraus und wiedergibt seine Story erzählerisch zurück. Es gibt immer Hauptdarsteller und Handlung, aber auch einen Anfang, einen Höhepunkt und das Ende in einer Geschichte. Ein Schriftsteller weiß genau, wie er sein Publikum fesselt und die Geschichte spannend aufbereitet.

Express like an Artist – Drücke dich aus, wie ein Künstler

Denke auch an das Visual Design von deinen Grafiken. Du musst solche Basics kennen, wie du mit den Farben, präattentiven Attributen, visuelle Kodierung und Störfaktoren bei der Visualisierungen arbeitest. Versuche bei deiner Arbeit eine gute Balance zwischen der Kreativität und Objektivität zu treffen. Hole dir Inspirationen von der Natur, Büchern oder auch von Social Media Kanälen. Setze deine Inspirationen so präzise wie möglich in deiner Arbeit um, sodass dein User die Botschaft der Daten korrekt verstehen.

Weitere Beispiele für Data Story:

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