Jeder, der schon einmal versucht hat, etwas über Investitionen oder Aktien zu erlernen, stößt auf das Kerzendiagramm. Diese Diagramme gelten als eine der effizientesten und genauesten Methoden zur Verfolgung und Analyse von Kursbewegungen auf den Finanzmärkten. Viele Menschen finden sie jedoch schwierig zu lesen. Dieser Blogbeitrag gibt Dir einen kurzen und knackigen Überblick über alle wichtigen Funktionen des Kerzendiagramms, damit du sie bei deinen eigenen Anlageentscheidungen selbstbewusst einsetzen kannst.
Warum wurden Kerzendiagramme kreiert?
Ein Kerzendiagramm ist eine Weiterentwicklung des Liniendiagramms. Ein Liniendiagramm zeigt den Kursverlauf einer Aktie oder eines vergleichbaren anderen Finanzwertes auf eine einfache Art und Weise. Jeder kann Linien verstehen und lesen.
Der Vorteil des Liniendiagramms liegt darin, dass die Informationen stark komprimiert sind: Steigt eine Linie, so spricht man von Bullenmarkt (ein Bulle bewegt seinen Kopf von unten nach oben, wenn er seinen Gegner mit den Hörnern aufspießen will). Zeigt eine Linie nach unten, so ist die Rede von Bärenmarkt (der Bär schlägt mit seinen Pfoten von oben nach unten).
Der Nachteil des Liniendiagramms ist, dass Preisschwankungen innerhalb eines Tages nicht gezeigt werden. Es werden stets nur die Schlusskurse gezeigt. In der Realität kann es an der Börse zu starken Preisschwankungen kommen. Und wer diese Schwankungen nicht rechtzeitig erkennt, kann viel Geld verlieren. Deshalb wurden Kerzendiagramme eingeführt. Ein Kerzendiagramm ist eine Weiterentwicklung des Liniendiagramms, ohne dessen Nachteile zu übernehmen.
Was ist ein Kerzendiagramm?
Vielleicht ist es überraschend, aber Kerzendiagramme gab es bereits im 17. Jahrhundert in Japan. Heute ist das Kerzendiagramm ein unerlässliches Instrument für jeden Investor oder Finanzmanager. Sie liefern auf den ersten Blick folgende notwendigen Informationen:
- Bewegung der Preise innerhalb des Tages
- Differenz zwischen Öffnungs- und Schlusskurs
- Bullen- oder Bärenmarkt
Kerzendiagramm lesen
Das Hauptmerkmal eines Kerzendiagramms ist die Kerzenform. Jede Kerze hat einen Docht, der den höchsten und den niedrigsten Kurs des betreffenden Zeitraums anzeigt. Der obere Teil des Dochts entspricht dem höchsten Kurs, der untere Teil dem niedrigsten Kurs. Zwischen diesen beiden Punkten befindet sich der sogenannte Kerzenkörper.
Jede Kerze repräsentiert den Kursverlauf eines bestimmten Zeitraums, z.B. eines Tages, einer Stunde oder einer Minute. Die verschiedenen Farben der Kerzen geben Aufschluss über die Richtung des Kurses: Steigt der Kurs, ist die Kerze grün oder weiß, fällt der Kurs, ist sie rot oder schwarz.
Wichtig dabei ist: je länger der Körper einer grünen Kerze ist, desto stärker steigt der Kurs. Eine kleine grüne Kerze deutet auf ein geringes Kaufinteresse, während eine große grüne Kerze ein starkes Kaufinteresse bedeutet.
Fällt der Kurs, bilden sich überwiegend rote Kerzen. Auch hier ist es wieder wichtig zu beachten: Je länger der Körper einer roten Kerze ist, desto stärker fällt der Kurs. Eine kleine rote Kerze bedeutet ein geringes Verkaufsinteresse, während eine große rote Kerze für ein starkes Verkaufsinteresse steht.
Die meisten Anleger achten jedoch nur auf die Farbe der Kerzen und vernachlässigen die Bedeutung der Kerzengröße. Die Größe der Kerzenkörper und die Länge der Kerzenschatten (Dochte) beschreibt das Käufer- und Verkäuferverhältnis.
Die Größe des Kerzenkörpers zeigt auch die Stärke der Preisbewegung. Je länger der Körper, desto stärker der Impuls. Werden die Kerzenschatten länger, befinden sich Käufer und Verkäufer im Gleichgewicht.
Vergleich Kerzendiagramm und Liniendiagramm
Lass uns dieses kurze Beispiel anschauen, um besser zu verstehen, welche visuelle Komponenten den Unterschied zwischen den Kerzen- und Liniendiagramm ausmachen.
Beispiel:
Im Präsenzhandel liegt der erste Preis eines Wertpapieres zu Beginn des Handelstages bei 100 €. Der Schlusskurs am Ende des Tages liegt bei 170 €. Der Preis hat sich jedoch zwischen 85 € und 180 € bewegt. Diesen Kursverlauf inklusive Schwankungen wird im Kerzendiagramm wie folgt dargestellt:
Wenn du ein Kerzen- in ein Liniendiagramm abändern würdest, würde sich folgende Grafik ergeben:
Kerzenmuster in der Praxis
Der Autor des Buches “Trading: Meistern der technischen Analyse” beschreibt folgende wichtige Einzelkerzenmuster, die in der Praxis häufig vorkommen:
PINEBEAR
- Die Elemente einer Pinbear-Kerze sind ein langer Schatten und ein vergleichsweise kleiner Körper. Die Pinbear zeigt eine Preisumkehr bzw. eine Abstoßung an.
- Die Käufer haben den Preis zunächst nach oben getrieben. Erst dann haben die Verkäufer reagiert und den Preis wieder nach unten getrieben.
HANGING MAN
- Der hängende Mann deutet an, dass das Kräfteverhältnis sich bereits langsam verschiebt. Der Schatten nach unten betätigt, dass vermehrt Verkäufer in den Markt eintreten.
- Der hängende Mann tritt während eines Aufwärtstrends auf.
- Diese Formation zeigt vermehrtes Verkaufsinteresse an.
- Diese Kerze kann frühzeitig eine Umkehr des Kurses nach unten signalisieren.
MARUBOZU
Die Marubozukerze besteht nur aus einem Kerzenkörper und zeigt eine starke Bewegung.
Während der Kerzendauer hat sich der Preis ausschließlich in eine Richtung bewegt.
DOJI
- Die Doji-Kerze deutet auf eine temporäre Pause und das Gleichgewicht zwischen Käufern und Verkäufern hin.
- Der Doji ist eine neutrale Kerze und zeigt Unentschlossenheit.
- Der Preis hat sich zwar nach oben und unten bewegt, aber der Schlusskurs bleibt unverändert.
Fazit
Kerzendiagramme sind ein unverzichtbares Instrument für jeden Anleger und jedes Finanzmanagement. Sie liefern alle notwendigen Informationen auf einen Blick: die Kursbewegungen im Laufe des Tages, die Differenz zwischen Eröffnungs- und Schlusskurses und ob es sich um einen Bullen- oder Bärenmarkt handelt.
Für alle, die das Thema Kerzendiagramm noch weiter vertiefen möchtet, kann ich das Buch Training: Meistern der technischen Analyse von R. Schlotmann und M. Czubatinski empfehlen.
Wenn du lernen möchtest, weitere Diagrammtypen zu lesen, kannst du mich gerne jederzeit kontaktieren.