Balkendiagramm: 10 Tipps zur richtigen Darstellung (Teil 2)

Balkendiagramme sind ein beliebtes Instrument in Business-Dashboards. Dennoch werden sie in der Praxis oft fehlerhaft dargestellt. In diesem Blogartikel werde ich 10 häufige Fehler zusammenfassen, die mir begegnet sind, und einige Ideen für eine verbesserte Darstellung vorschlagen. Beachte, dass es sich hierbei nicht um starre Regeln handelt, sondern um Vorschläge, die ich einem Freund geben würde.

Tipp #1: Stelle die Grundlinie dar, die NICHT mit 0 anfängt

Um eine korrekte Interpretation des Balkendiagramms zu ermöglichen, ist es wichtig, dass die Balken eine Grundlinie haben, die nicht bei 0 beginnt. Das menschliche Auge erkennt das Ende der Balken gut und vergleicht sie. Wenn die Grundlinie bei 0 liegt, besteht die Gefahr einer falschen Interpretation.

Beispiel

Das Diagramm zeigt die Anzahl der Stunden Schlaf pro Tag zwischen Januar und Juni. Ein Standard-Balkendiagramm mit einer Grundlinie, die bei 0 beginnt, zeigt deutlich, dass mindestens 5 Stunden Schlaf pro Tag vorhanden waren.

Im unteren Diagramm wurde derselbe Datensatz verwendet, jedoch beginnt die Grundlinie hier bei 4. Dadurch verändert sich der Kontext des Diagramms komplett: Die Balkenlänge repräsentiert nicht mehr die Anzahl der Stunden Schlaf pro Tag. Dieses Diagramm zeigt um wie viele Stunden ist der Schlaf pro Tag höher als 4 Stunden. Somit geht der eigentlich angedachte Kontext verloren. Dies führt zu einem Konflikt zwischen der visuellen Kodierung der Information und dem eigentlichen Kontext der Darstellung, was zu einer falschen Interpretation führen kann.

Tipp #2: Zeige Lange Beschriftungen auf der Y-Achse

Bei der Darstellung von Umsätzen pro Produkt kann es auf der X-Achse schwierig sein, lange Produktnamen abzulesen, da diese oft diagonal angezeigt werden müssen. Um die Lesbarkeit zu verbessern, sollten lange Beschriftungen vermieden oder auf die Y-Achse verschoben werden. Wir sind es gewohnt, Texte von links nach rechts zu lesen, daher ist die Platzierung langer Beschriftungen auf der Y-Achse vorteilhaft.

Tipp #3: Nutze logarithmische Skalierung auf der Achse

Bei der Darstellung von Infektionsfällen in verschiedenen Ländern während einer Pandemie kann es zu großen Unterschieden kommen. Eine lineare Skalierung der Balkendiagramme kann dazu führen, dass die Unterschiede zwischen den Ländern visuell nicht deutlich sichtbar sind. Hier können wir dem Leser helfen, den Chart leichter zu lesen, indem wir beispielsweise Zahlen zu den Balken hinzufügen, die Balkendiagramme absteigend sortieren oder eine logarithmische Skalierung verwenden.

Die logarithmische Skalierung ist eine gute Option, um große Unterschiede zwischen den Werten darzustellen. Anstelle einfacher Werte wie 1, 2, 3 usw. werden auf der Achse logarithmische Skalen wie 10^1, 10^2, 10^3 oder e^1, e^2 usw. verwendet. Die Abstände zwischen den Markierungen auf den Achsen sind dann nicht mehr gleichmäßig, sondern variieren entsprechend den Exponenten.

Die Idee dahinter ist, Daten mit starken Größenunterschieden kompakter darzustellen. Durch die Berücksichtigung der logarithmischen Skalierung würde das Ergebnis wie folgt aussehen:

Tipp #4: Was zu beachten bei gestapelten Balkendiagramme

Wenn ich dieses Diagramm anschaue, habe ich Schwierigkeiten bei der Interpretation: Mit Sicherheit kann ich die Gesamtanzahl an angebotenen Kursen benennen und beurteilen. Jedoch fällt mir die Interpretation der einzelnen Disziplinen hier schwer. Ein Vergleich gelingt mir nur bei der Disziplin „Professional“, weil sich diese Disziplin auf der 0-Linie (X-Achse) direkt befindet  und einen einheitlichen Startpunkt hat. Ich kann die Balken somit miteinander Vergleich und auch interpretieren.

Wenn ich wiederum Disziplin Ingenieurwesen beurteilen soll, muss ich mich anstrengen. Jede von diesen orangenen Balken hat unterschiedliche Wertigkeit auf der Y Achse. Der Vergleich der Balken ist schwer und somit ungeeignet.

Wie können wir nun unserem Leser helfen, diesen Chart besser zu lesen?

Ich vermute, dass die erste Idee, welche Sie haben, ist: Zahlen hinzufügen. Gut. Dann lassen Sie uns dies gemeinsam anschauen, wie es aussehen könnte.

Kurz nachdem ich die Zahlen hinzugefügt habe, merke ich, dass die anfänglich sehr aufgeräumte Darstellung nun sehr überladen geworden ist. Die Zahlen auf den Balken lösen nicht unser Problem. Das Diagramm ist trotz der eindeutigen Zahlen immer noch sehr schwer zu lesen.

Welche Optionen gibt es noch?

  • Fügen Sie die Zahlen nur zu der Subkategorie hinzu, die sich auf der X-Achse befindet. 
  • Fügen Sie eine zusätzliche Aktion zu Ihrem Dashboard hinzu, falls dies ihr Visualisierungstool zulässt. D.h. Wenn ich auf dunkelgrüne Balken klicke, dann rückt sie direkt zu der X Achse und zeigt die Werte an. Den interaktiven Dashboard können Sie hier anschauen und ausprobieren.

Falls Du ein Tool nutzen, welches nicht über diese Funktion verfügt, gibt es folgende Alternativen: 

  • Setzen Sie einen Fokus: Auf dem Beispiel unten habe ich Fokus auf zwei Disziplinen gesetzt: Ingenieurwesen und Naturwissenschaften
  • Farbliche Betonung: Diesen beiden Disziplinen habe ich mit Farbe markiert. Alle anderen Disziplinen habe ich in den Hintergrund gestellt, indem ich sie grau gefärbt habe. 
  • Titel: Das Dashboard hat jetzt einen anderen Kontext. Wir vergleichen diese beide Disziplinen. Deshalb habe ich auch den Titel dahingehend angepasst.
  • Botschaft: Meine Erkenntnis nach haben wir positiven Trend bei Ingenieurwesen und einen negativen Trend bei Naturwissenschaften. Diese Erkenntnisse teile ich mit den Enduser, indem ich es als Chart Überschrift benutze.
  • Kleiner Trick: Die Farblegende habe ich direkt in die Botschaft eingebaut, sodass die jeweilige Disziplin eine und dieselbe Farbe bekommen hat, die ich in dem Chart benutzte.

Tipp #5: Optimale Balkenbreite

Es kommt gelegentlich vor, dass ich auch solche Balkendiagramme sehe:

Einige Balken sind sehr schmal dargestellt, während andere wiederum viel zu breit sind. Es gibt zwar keine feste Regel für die Breite der Balken, aber dennoch empfinden wir bestimmte Breiten als angenehmer als andere. In ihrem Buch „Storytelling with Data“ gibt die Autorin Cole Nussbaumer Knaflic eine Empfehlung:

„Im Allgemeinen sollten die Balken etwas breiter sein als der weiße Abstand zwischen ihnen, um zu verhindern, dass das Publikum die Breite der Balken vergleicht anstatt ihre Länge.“ Dies ist ein verständlicher Vorschlag für den optimalen Abstand und die Breite der Balken.

Du kannst diese Empfehlung nutzen, um die Balken in deinen Diagrammen ansprechender zu gestalten.

Mistake #5: The Width of Bar Chart

Tipp #6: Zeige die 0 Achse

Was noch öfter vorkommt ist die Abwesenheit der 0 Linie: 

Du solltest darauf achten, dass ein Balkendiagramm eine 0-Linie hat. Lass deine Diagramme nicht einfach im Raum stehen. Bei Balkendiagrammen orientieren wir uns an der Länge der Balken, und um einen erfolgreichen und eindeutigen visuellen Vergleich zu ermöglichen, benötigen wir einen Ausgangspunkt: eine sogenannte 0-Linie.

Tipp #7: Vermeide 3D Effekte

Verwende bitte niemals 3D-Effekte. Wirklich nie! Das gilt für alle Arten von Diagrammen, es sei denn, du möchtest tatsächlich mehrere Dimensionen visualisieren. Ich werde erklären, warum das so ist. Die Verwendung von 3D-Effekten führt zu unnötigen Elementen auf dem Diagramm, wie Volumen, Seiten und Oberflächen, die eine klare visuelle Interpretation verfälschen können.

Source: https://www.controllingportal.de/Fachinfo/Excel-Tipps/drehbares-3D-Saeulendiagramm.html

Wenn ich mir das obere Beispiel anschaue, kann ich versuchen, die folgenden Fragen zu beantworten:

  1. Wie groß ist der Unterschied zwischen dem Jahr 1 und dem Jahr 2 in der Region 1?
    Aufgrund der Darstellung in diesem 3D-Diagramm ist es schwierig, den genauen Unterschied zwischen den Jahren 1 und 2 in der Region 1 zu bestimmen. Die Schrägstellung und die verzerrte Darstellung der Balken erschweren den direkten Vergleich der Balkenlängen.
  2. Beurteilen Sie den Trend in der Region 2 über alle Jahre.
    Aufgrund der Verzerrungen und der schrägen Darstellung des Diagramms ist es schwierig, den Trend in der Region 2 über alle Jahre hinweg genau zu beurteilen. Die schräge Ausrichtung der Balken und die fehlenden klaren Bezugslinien machen es schwierig, eine präzise Einschätzung des Trends vorzunehmen.

Du hast Recht, bei diesem Diagramm ist eine genaue Einschätzung schwierig, da die Hilfslinien im Hintergrund ihre Funktion verlieren und die Darstellung durch die 3D-Effekte verzerrt wird. Um deinen Lesern bei der Interpretation von Diagrammen zu helfen, ist es am besten, ausschließlich 2D-Diagramme zu verwenden. Diese bieten eine klarere und präzisere Darstellung der Daten und ermöglichen einen besseren Vergleich von Balkenlängen und Trends.

Tipp #8: Achte auf die richtige Proportionen und Context

Als ich diesen Chart sah, benötigte ich einige Zeit, um zu verstehen, wie ich ihn interpretieren sollte. Die Balkenlängen entsprachen nicht den entsprechenden Beschriftungen, was zu einem Konflikt führte. Wir sahen eine Zahl neben einem Balken, aber die Länge des Balkens verwies auf eine völlig andere Zahl. Der Autor erklärte mir, dass er beide Kennzahlen auf einfache Weise darstellen wollte, aber die Lösung war nicht optimal. Ein Chart sollte Fragen klären und nicht zusätzliche Fragen aufwerfen. Der Kontext auf dem Chart sollte unbedingt den Proportionalitäten entsprechen.

Eine mögliche Lösung könnte folgendermaßen aussehen:

Bei dieser Darstellung sind beide Kennzahlen eindeutig dargestellt. Durch die Verwendung von Balken in einem Balkendiagramm können wir die beiden Werte leicht miteinander vergleichen.

Eine ebenso passende Darstellung in diesem Beispiel könnte folgendermaßen aussehen: Die Kennzahlen werden untereinander dargestellt.

Tipp #9: Vermeide doppelte Beschriftungen

Was häufig in der Praxis vorkommt ist, die Abbildung von Zahlen sowohl auf der Achse, als auch über dem Balken. (s. Beispiel unten).

Gemäß den Visualisierungsregeln sollten doppelte Informationen reduziert werden, um den Chart nicht zu überladen. Dies wirft die Frage auf, welche der Zahlen entfernt werden sollen: die Zahlen auf der Y-Achse oder die genauen Zahlen auf den einzelnen Balken?

Um eine fundierte Entscheidung zu treffen, sollten wir die Bedürfnisse des Publikums berücksichtigen. Wenn Sie möchten, dass Ihr Publikum sich auf den globalen Trend konzentriert, wäre es am besten, die Zahlen nur auf der Y-Achse anzuzeigen.

Hier empfehle ich sogar, die Achse in Grautönen darzustellen. Dadurch tritt die Y-Achse visuell in den Hintergrund und der Fokus wird auf den zeitlichen Trend und die Balken gelegt.

Falls die genauen Werte für jedes einzelne Jahr für das Publikum relevant sind, dann wäre es am besten die Y Achse wegzulassen und die Werte direkt über die Balken zu platzieren. Somit reduzieren sich die Informationen auf dem Balkenchart nur auf die entscheidenden Zahlenwerte. Die Werte über die Balken sollen dann in Schwarz sein, da diese relevant sind und demnach klar dargestellt werden müssen.

Fazit: Achten Sie immer auf das Bedürfnis von ihrem Publikum und wie das Publikum das Diagramm liest. Auf den Anforderungen basierend, erstellen Sie dann das Diagramm.

Tipp #10: Doppelte Achse – richtig beschriften

Vielleicht haben Sie auch bereits Bekanntschaft mit Balkendiagrammen mit einer doppelten Achse gemacht (s. Beispiel unten). Hier wird der Umsatz als Balkendiagramm und der Profit wird als Liniendiagramm dargestellt.

Sie haben Recht, trotz der richtigen Darstellung beider Achsen besteht immer noch die Gefahr einer falschen Interpretation der Zahlen. Auf den ersten Blick scheint es visuell so auszusehen, als ob der Gewinn zwischen den Regionen Central, North und South stark schwankt. Erst auf den zweiten Blick, wenn man die Y-Achsen und die Zahlen betrachtet, wird deutlich, dass die prozentualen Unterschiede zwischen beiden Kennzahlen ungefähr gleich sind. Die Darstellung erschwert eine schnelle Interpretation der Zahlen, da es schwierig ist, die beiden Kennzahlen in das richtige Verhältnis zueinander zu setzen.

Um Ihrem Publikum zu helfen, sollten Sie das Verhältnis beachten. Mein Vorschlag zur Verbesserung besteht darin, die Achsen zu synchronisieren und anschließend zu eliminieren (siehe Bild oben). Dadurch werden alle wichtigen Informationen dargestellt und das Verhältnis zwischen den beiden Kennzahlen bleibt für eine einfache Interpretation erhalten.

Sind die Unterschiede der Zahlen für eine Darstellung zu groß, sodass bei dem Liniendiagramm nur eine mehr oder weniger gerade Linie erscheint, dann gibt es folgende Lösung:

Es ist eine gute Idee, die beiden Charts voneinander zu trennen und auf zwei unabhängigen Achsen darzustellen. Dadurch gehen keine Informationen verloren und die Realität wird klar und eindeutig dargestellt.

Wenn wir jedoch mit zwei Kennzahlen arbeiten, die unterschiedliche Einheiten haben, wie zum Beispiel Prozent und Zahlenwerte, kann es sinnvoll sein, die Y-Achsen zu verstecken. Anstatt die Y-Achsen zu zeigen, können die Werte direkt auf den Diagrammen angezeigt werden. Dies ermöglicht eine bessere visuelle Interpretation und verhindert eine mögliche Verzerrung der Daten aufgrund unterschiedlicher Skalen.

Das ist eine sehr wichtige Ergänzung! Jede Grafik sollte individuell betrachtet werden, und man sollte immer im Hinterkopf behalten, was man kommunizieren möchte. Ist die gewählte Grafik tatsächlich in der Lage, das zu vermitteln, was man beabsichtigt? Es ist entscheidend, Feedback von einer dritten Person zu erhalten, um die Qualität der Arbeit zu verbessern. Jede Darstellung kann je nach Anforderungen und Kontext unterschiedlich sein. Die vorgeschlagenen Verbesserungen bezogen sich lediglich auf die Beispiele, die diskutiert wurden. In der Realität kann es Situationen geben, in denen sowohl dicke als auch dünne Balken angemessen sind. Bei der Visualisierung von Daten gibt es kein eindeutig falsch oder richtig. Was wirklich zählt, ist Ihre Botschaft und Ihre Zielgruppe!

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